wenn "strager in blue" sich bei einem blind date als ganz und gar nicht fremd erweisen und dir dann noch frech ins gesicht grinsen, kann sich ein "blind date" trotz weißer rosen als nicht ganz so vielversprechend erweisen, wie vorher angenommen.

andere unerwartete wendungen sind da schon weit willkommener. da könnte es tatsächlich passieren, dass ich den tag schnurrend verbringe.

"das leben ist schön!" - würde ich gerne nicht cineastisch missinterpretiert wissen.

dass auch der dickste nebel sich auflöst, dass auch der heftigste regen nachlässt, dass auch die schwärzeste nacht endet.

und beinahe hätte ich übersehen, dass die kälte gewichen ist. so vertraut war das gefühl zu frieren.

and 100 nights.

und dann vor 5 tagen diese mail. diese und viele weitere. ein name, kein gesicht, nur worte. worte in blau, wie die deinen.

so glad you're here

stranger!

möchte ich sagen, dass ich sie vermissen werde, dass sie es war, die mir den mut gegeben hat, selbst zu schreiben, dass sie es war, die so oft worte für mich gefunden hat, wenn ich keine mehr hatte.

frau, die ich nie gesehen habe, mit der ich nie einen abend bei rotwein oder mojito verbringen werde, in manchen nächten warst du mir näher als jeder andere.

don't get lost!

love me

dieser september fühlt sich nicht an wie ein september. er riecht auch nicht danach.

das da draußen ist novemberregen und novembernebel und novemberkälte und die straßenlaternen machen den eindruck als würden sie den regen durchsuchen nach den ersten flocken.

ein abend gerade richig, um mit seinem ex-therapeuten cognac zu trinken in seiner praxis neben dem hübschen kleinen skelett und den schränken mit den vielen medikamenten, dem linoleum-boden und den beiden liegen mit diesem papier-ähnlichen schutzbezug. (er ist auch allgemeinmediziner, daher das wunderbare stilleben und er sieht immer noch verdammt gut aus, aber das sei an dieser stelle nur am rande erwähnt.)

aber es ist warm in seiner praxis und die beisln im umkreis haben alle geschlossen. sonntagsruhe, solange die uni ihren betrieb noch nicht wieder aufgenommen hat.

und ich erzähle ihm von A und B und C und dass punkt 1, 2 und 6 für B sprechen, 4 und 5 aber eindeutig für A und dass eigentlich - logisch betrachtet - alles so einfach wäre. dass C ein zu eliminierender faktor ist und ob es nicht dafür auch tabletten gibt, so wie die damals, gegen die unerträglichen tiefen und die schwindelerregenden höhen, gegen die geschwindigkeit und die langsamkeit.

aber er öffnet sein schränkchen nicht für mich und gibt auch keine antworten. er tut das, was er am besten kann. er stellt die richtigen fragen. (und sieht immer noch unverschämt gut aus.)

ich könnte es ihm verzeihen, wenn er mir diesen abend in rechnung stellt. und ich habe keine angst mehr davor

dich wiederzusehen.

sagst du, und zwinkerst mir zu.

aber mir ist nicht nach scherzen - nicht heute. und nicht nach small-talk - nicht mit dir.

und so bitte ich dich, die augen zu schließen, nehme dich bei der hand und führe dich durch die tür gleich nebenan.

und was du siehst kannst du nur mit geschlossenen augen sehen: einen ganzen garten voll mit pflanzen. viele groß und wunderschön, mit bunten, betörend duftenden blüten. manche kleine pflänzchen, mit winzigen trieben, die sich der sonne entgegen recken, aber auch vertrocknete, verblühte, verwelkte. und alles ist erfüllt von einem klang wie trommeln, hypnotisierende, weiche trommeln.

"schau", sage ich, "das ist die liebe. jede pflanze steht für die liebe zu einem ganz bestimmten menschen. wenn du genau hinsiehst wirst du auch bemerken, dass sie pulsieren, diese pflanzen, im rhythmus des herzschlags. manche stark, andere schwächer. das ist das geräusch, das du hörst."

"sie sind wunderschön", sagst du, und atmest tief ihren duft.

"ja, das sind sie, und jede von ihnen ist einzigartig in ihrer schönheit. sie haben nur eines gemeinsam: sie brauchen pflege. auch die robustesten unter ihnen überleben nicht aus sich selbst heraus. und nur einen teil des düngers, den sie brauchen, kann ich ihnen geben. egal wiesehr ich für eine dieser pflanzen sorge, wenn der mensch, mit dem ich sie teile, sie völlig vernachlässigt, wird sie die blüten verlieren, dürr werden und sterben. und verwittern im laufe der zeit."

ich spüre das staunen und die unsicherheit, mit der du dich hineinbewegst in meinen garten, bis du vor einer kleinen pflanze stehen bleibst. "ja, das ist sie. du hast sie erkannt. und auch wenn sie nicht mehr danach aussieht, sie hat prächtiger geblüht als die meisten hier."

"aber sie ist so klein", erwiderst du, "sie wirkt so schwach. ich dachte sie wäre dir wichtig."

"ich habe dir gesagt, ich allein kann sie nicht am leben erhalten und glaub mir, wäre sie mir nicht wichtig, sie wäre lange schon tot." und ich verschweige dir, wie oft ich schon daran gedacht habe, sie auszureißen, um ihr das langsame sterben zu ersparen.

vorsichtig fasst du sie an und ich weiß, was du spürst. nächte habe ich damit verbracht ihren puls zu fühlen und ihrem herzschlag zu lauschen. ganz recht, es schlägt noch. leise und zaghaft.

"es ist nie zu spät" verheißt die ewigkeit. es gibt keine ewigkeit, auch nicht für die liebe.

keine ewigkeit und keine endgültigkeit.

nicht in diesem leben.

(...) und ich stehe da, und streichle die schachtel und denke, vielleicht, vielleicht ist es ja so mit dem schwarz, immer noch, und man muss nur der sache auf den grund gehen und die farben sind alle noch da (...)

© stattkatze.

thx!